Manuel Bärtsch
Künstlerische Leitung
Macht und Individuum
„Das Kunstwerk ist eine imaginäre Insel, die rings von Wirklichkeit umbrandet ist.“
José Ortega y Gasset
Musik entsteht immer in einem sozialen Gefälle – auf der einen Seite steht die Macht, die die Lebensumstände diktiert, die Auftragsgeber*innen, die Inkarnationen des Zeitgeists, die Zwänge des Broterwerbs. Auf der anderen Seite steht das Individuum, das sich zu diesen Kräften verhält, zustimmt, zweifelt, sich ihnen entzieht, sich auflehnt. Daraus entsteht grossartige Musik, sei es in Revolutionen, aus Überzeugung oder Ablehnung, als Kompromiss, Anarchie oder in kunstvoller Akzeptanz der Umstände. Der Musiksommer 2024 zeigt ganz unterschiedliche Konstellationen dieser Beziehung. Ich freue mich, diese Konzerte mit Ihnen zu erleben.
herzlich
Ihr
Manuel Bärtsch
Macht und Individuum
Manuel Bärtsch
Künstlerische Leitung
„Das Kunstwerk ist eine imaginäre Insel, die rings von Wirklichkeit umbrandet ist.“
José Ortega y Gasset
Musik entsteht immer in einem sozialen Gefälle – auf der einen Seite steht die Macht, die die Lebensumstände diktiert, die Auftragsgeber*innen, die Inkarnationen des Zeitgeists, die Zwänge des Broterwerbs. Auf der anderen Seite steht das Individuum, das sich zu diesen Kräften verhält, zustimmt, zweifelt, sich ihnen entzieht, sich auflehnt. Daraus entsteht grossartige Musik, sei es in Revolutionen, aus Überzeugung oder Ablehnung, als Kompromiss, Anarchie oder in kunstvoller Akzeptanz der Umstände. Der Musiksommer 2024 zeigt ganz unterschiedliche Konstellationen dieser Beziehung. Ich freue mich, diese Konzerte mit Ihnen zu erleben!
(viel zu) naheliegend sind geographische und ethnische Definitionen, aber man kann auch intellektuell oder emotional eine Heimat finden; oder aber man ist bewusst überall zuhause. Überdies entsteht Kultur – und das können wir heute besonders gut beobachten – gewöhnlich an den Schnitt- , Kollisions- und Überlappungsgrenzen dieser Heimatbegriffe.
Nach den Zeitreisen der letzten Saison reisen wir also geographisch, intellektuell, kosmopolitisch und emotional durch die bunte Welt der Musik. Natürlich spielt dabei die Schweiz eine wichtige Rolle, sowohl als musikalisch noch zu entdeckendes Land als auch als Spannungspol zu anderen musikalischen Kulturen. Dieser Weg führt uns unter Anderem über Finnland, Persien, Griechenland, Japan auch in die musikalischen Welten von Gustav Mahler und Max Reger. Es ist mein Bestreben, Sie mit jedem Konzert neben dem ästhetischen Genuss auch zu überraschen: Neu in dieser Saison sind zum Beispiel eine Konzertlesung, eine musikalisch bespielte Ausstellung mit begehbaren Skulpturen und ein Konzert im Zürcher Lindenhof, wo man auch nicht alle Tage hineinkommt. Wie sagte Perikles? Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut
herzlich
Ihr
Manuel Bärtsch
Hotel Walhalla
Algol – Tragödie der Macht
Rapperswil, Kunst(Zeug)Haus
Montag, 28. Oktober, 18.30 Uhr Lesung mit Charles Lewinsky, 20.00 Uhr Film & Konzert
Ein Stummfilm aus dem Jahr 1920 mit improvisierter Musik von heute, inmitten der Ausstellung «ARS TERMINI» mit zeitgenössischer Kunst, und ein Einführungsgespräch mit einem grossen Schweizer Schriftsteller: der komplexe Schlusspunkt der Reihe. Hans Werckmeisters grossartiger, erst vor kurzem restaurierter Film trifft auf die subtile Kunst des Jazztrompeters Tom Arthurs und die Ausstellung der IG Halle im Kunst(Zeug)Haus Rapperswil, die sich um den Begriff «Ars termini» dreht: Die Kunst, auch die Absurdität von Grenzen. Grenzerfahrungen, auch Grenzüberschreitungen in visuellen, auditiven und kinematografischen Dimensionen gehen in diesem Konzert ineinander über. Die Zusammenarbeit mit dem Institute of Incoherent Cinematography ist für uns eine spannende Première.
Informationen
Eintritt: 30.-
Protagonisten
Charles Lewinsky Lesung
Tom Arthurs trumpet
Marta Zapparoli electronics
Michael Cina percussion
Vergangene Konzerte
Die Unpolitischen?
Lachen, Aula Schulhaus Seefeld
Samstag, 1. Juni, 17.00 Uhr. Einführung 16.00.
Werke von Sergei Rachmaninow (1873-1943) und Pjotr Tschaikowsky (1840-1893)
Wer hätte gedacht, dass der Musik von Tschaikowsky und Rachmaninow irgendwann politische Brisanz erwachsen würde? Seit dem Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine hat sich das allerdings verändert. Sind das «russische» Komponisten? Welche Inhalte transportiert ihre Musik? Und: darf man heute ein rein «russisches» Programm spielen? Oder ist das alles eh wurscht, weil Musik ja schliesslich für sich allein steht? Tschaikowsky wurde von vielen komponierenden Zeitgenossen vorgeworfen, zu «europäisch» zu schreiben, Rachmaninow lebte nach der Oktoberrevolution vorwiegend im amerikanischen und innerschweizerischen Exil. Zeit für eine differenzierte Wahrnehmung dieser grossartigen Werke mit einem der führenden Kammermusikensembles der Schweiz.
Informationen
Eintritt: 40.-
Protagonisten
Oliver Schnyder Klavier
Andreas Janke Violine
Benjamin Nyffenegger Violoncello
Fragmente
Kloster Rapperswil Mittwoch 15. Mai, 19.30 Uhr. Einführung 18.30.
Franz Schubert (1797–1828): Quartettsatz c-moll D 703
György Ligeti (1923–2006): Streichquartett Nr. 1
Viktoryia Haveinovich (*1992), Hyunsub Shin (*1993),
Luca Staffelbach (*1996), Hyeok Son (*1997): Uraufführungen
György Ligetis erstes, aus 17 Fragmenten bestehendes Streichquartett wurde «für die Schublade» geschrieben, da es mit der Doktrin des damals in Ungarn obligatorischen «sozialistischen Realismus» nicht vereinbar war. Zusammen mit dem aus rätselhaften Gründen Fragment gebliebenen Quartettsatz von Franz Schubert bildet es den Rahmen für die Uraufführungen, in denen sich Studierende der Kompositionsklasse von Dieter Ammann mit der Thematik des Fragments auseinandersetzen. Das junge Moser-Quartett aus Basel begleitet sie bis zu den Uraufführungen.
Informationen
Kollekte
Protagonisten
Moser-Quartett
Kanon Miyashita Violine
Patricia Muro Violine
Pietro Montemagni Bratsche
Lea Galasso Violoncello
Die Zeit der französischen Revolution
Evangelische Kirche Rüti
Freitag, 3. Mai, 20.00 Uhr. Einführung 19.00.
Werke von Paul Wranitzky (1756-1808), W.A. Mozart (1756-1791) und L. v. Beethoven (1770-1827)
Dieses Konzert nimmt die Zeit rund um die Französische Revolution in den Blick. Mozarts «La clemenza di Tito», eine damals schon leicht anachronistische «opera seria», geschrieben ein Jahr vor der französischen Revolution für die Krönung Kaiser Leopolds II. zum König von Böhmen, reflektiert Macht und Ohnmacht aus der Sicht der Herrschenden. Paul Wranitzkys Grande Sinfonie bietet ein ganzes Programm von der Revolution bis zum imaginären Friedensschluss, der leider nicht erfolgte. Beethovens Prometheus-Ouvertüre giesst das revolutionäre Lebensgefühl in musikalische Struktur und Affekt. Mit La banda storica, Malin Hartelius und Giovanni Antonini eröffnet internationale Prominenz den diesjährigen Musiksommer.
Informationen
Eintritt: 40.-
Protagonisten
La banda storica
Giovanni Antonini Leitung
Malin Hartelius Sopran
Transzendenz
Katholische Kirche Lachen
Samstag, 14. Oktober, 18.00 Uhr. Einführung 17.00.
Max Reger (1873-1916)/Florizel von Reuter (1890-1985): Symphonische Rhapsodie für Violine und grosses Orchester. Kammerfassung von Manuel Bärtsch
Anton Bruckner (1824-1896): Symphonie Nr. 7. Kammerfassung von Hanns Eisler, Erwin Stein und Karl Rankl
«Ghostwriting» kann man auch ganz wörtlich verstehen: Max Regers unvollendete Symphonische Rhapsodie für Violine und Orchester wurde von seinem Schüler, dem Geiger und Komponisten Florizel von Reuter vervollständigt – oder doch eher von ihm selbst? Solches behauptete zumindestReuter, der als erklärter Spiritist ein Medium bemühte, das ihm Regers Willen angeblich offenbarte. Bei Anton Bruckner liegt die diktierende Instanz noch höher, seine Musik entstand in einer Idee der unmittelbaren göttlichen Inspiration. Beide Werke erklingen in Bearbeitungen; bei Bruckner ist ein Kollektiv am Werk, bei Reger bearbeitet der künstlerische Leiter des Musiksommers.
Informationen
Kollekte
Protagonisten
The Lucerne collective
Jakub Przybycien, Leitung
Dmitry Smirnov, Violine
Ghostwriter’s Werkstatt
Schloss Au
Sonntag, 1. Oktober, 17.00 Uhr. Einführung 16.00, anschliessend apéro riche.
Werke von Wilhelm Rust (1822-1892), Joachim Raff (1822-1882), Friedrich Wilhelm Rust (1739-1796) und Franz Liszt (1811-1886)
«Wir sind jetzt dahin gediehen, daß ganze Stellen in den neuern Sachen Liszts ebenso wenig mit der Feder ihres genannten Verfassers vertraut sind, als gewisse Passagen in meinem 15. Werk von Joachim Raff herrühren.» Der in Lachen geborene Komponist Joachim Raff war eine Zeit lang Liszts Privatsekretär und nahm Einfluss auf die Partituren seines Arbeitgebers, während sich in seinen eigenen oftmals Liszts Geist manifestiert. Wilhelm Rust war hingegen der langjährige Herausgeber der wichtigsten musikwissenschaftlichen Publikation im 19. Jahrhundert – der Bach-Gesamtausgabe. Entsprechend gross war das Interesse, als er die Werke seines eigenen Grossvaters herausgab. In der Folge zeigte sich aber, dass in den Partituren von Rust senior sehr viel Neukomposition von Rust junior steckt. Aber gerade diese Passagen machen die Stücke des alten Rust überhaupt musikalisch interessant.
Informationen
Eintritt 50.- mit apéro riche, Anmeldung erforderlich
Protagonisten
Philippe Gaspoz, Klavier
Dmitry Smirnov Violine